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bleiben, nicht gewährt werden konnte, so erhielt sie
die gesuchte Erlaubniß zur Brüdergemeine hieher nach
Niesky, wo sie den 5ten May 1788 eintraf, auch
bald zur Aufnahme in die Gemeine und zum Genuß
des heil. Abendmahls mit derselben gelangte. Sie
hatte hier manches Fremde in Sprache und Sitte zu
gewohnen; doch lernte sie sich in alles finden, und der
vertrauliche Umgang mit dem Heiland, dem sie ge-
wohnt war, alle innere und äußere Noth zu klagen,
erleichterte ihr alles leid. Die Anhörung des Wortes
Gottes aus unserm Saal, und der Genuß des heil.
Abendmahls waren ihr Erquickungsstunden für Seel
und Gemüth, die sie sich mit großer Begierde des Her-
zens zu Nuhe machte, so lange sie es irgend im Stande
war. Die Schwestern ihres Chors liebte sie, und
die Herzensgemeinschaft der Kinder Gottes war ihr
groß und wichtig. Ihr Character war bei) ihrem
Chore so bekannt, wie sie sich selbst in ihrem Lebens-
lauf dargestellt hat. In heitern Tagen und Stunden
sah man ans ihr eine wahre Witwe, die ihr Vertrauen
aus Gott, ihren Heiland, setzte, den sie kennen ge-
lernt hatte als den Versöhner ihrer Sünden und als
den treusten Freund und Beystand in aller Noth; und
wenn auch die Aengstlichlkeiten ihres Gemüths, die seit
dem Unglücksfall ihres einzigen Sohnes zugenommen
hatten, öfters den Frieden ihres Herzens stören woll-
ten; so waren diese Dunkelheiten doch nur vorüberge-
hend, und die selige Ueberzeugung: Ich bin bey Gott
in Gnaden; die Schuld ist allzumal bezahlt durch
Christi theures Blut — siegte bald wieder.
Desto