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hn zog u. die Stunden, welche ich nie ohne Noth ver-
säumte, trugen mir viel für mein Herz aus, inson-
derheit gewöhnte ich mich daran, über kleines u. großes
mit Ihm aus zu reden. 1758 d. 4t May wurde ich ins
led. SchwesternChor aufgenommen, u. kam das Jahr dar-
auf zu den Kindern, wo es manches zu lernen gab von
allerley Arten, der Heiland half mir aber gnädig durch
alles Schwere durch; was ich zu erfahren hatte. 1761
kam ich zu den größern Mädchen. In der Zeit lernte ich
mich erst gründlich kennen. Ich kam in die größte Verle-
genheit über mich, fühlte auch das Vertrauen zum l.
Heiland nicht mehr so, wie ich es gewohnt war, ja ich
glaubte es wäre in der ganzen Welt kein Mensch so
schlecht wie ich mich fühlte; ich behielt es aber ganz alleine
für mich u. quälte mich Tag und Nacht, u. glaubte mich
verlohren; ich {u.} faßte den Gedanken: ich bin nicht zum
Seligwerden erwählt. Beten konnte ich auch nicht, u. war
doch in einer solchen Preße, daß ich nicht wußte was ich
thun sollte u. wo ich mich hinwenden sollte; denn ich
hatte mein Vertrauen zum Heiland fast ganz verlohren,
ach Gott! wie war mir da zu Muthe. Darauf hatte ich
einen merkwürdigen Traum. Es kam mir vor, als wären {wenn}
2 Engel beym Abmhl. auf dem Saal herum gingen, u.
drückten allen Geschwistern ein Siegel auf die Stirne,
mich gingen sie vorbey; ich {aber} faßte doch das Herz sie zu fra-
gen; was das {zu} bedeuten {habe} solle? Antwort: die das Siegel
an ihren Stirnen hätten, würden balde ihren Herrn schau-
en, ich fragte mit Zittern: werde ich Ihn denn nicht sehen?